Abteilung Telecom: Physikalisches Praktikum
Es soll das Schwingungsverhalten zweier gekoppelter Pendel bei gleichsinniger
und bei gegensinniger Schwingung und das Verhalten von Schwebungsschwingungen
untersucht werden.
Gemessen werden die Schwingungsdauern der gleichsinnigen und der gegensinnigen
Schwingung. Aus diesen Werten können die Schwingungsdauer der Schwebungsschwingung
und die Schwebungsdauer berechnet und mit den gemessenen Werten verglichen
werden.
Die gekoppelten Pendel sind als gutes Modell für die Ausbreitung
mechanischer Wellen zu betrachten. Insbesondere wird die Übertragung
der Energie von einem Pendel zum anderen bei den Schwebungsschwingungen
sichtbar.
Lehrbuch: Bergmann-Schäfer S. 165 f., Gerthsen S. 117 f.
Physikalisches Praktikum: Ilberg S. 82 ff., Kretschmar S. 48 ff., Becker
S. 46 ff., Walcher S. 82 ff.
Kinematik, Dynamik, Schwingungen
Gegeben seien zwei völlig gleiche physikalische Pendel 1 und 2, die elastisch gekoppelt sind. Die Koppelung kann mit einer Schraubenfeder oder mit einem Faden mit angehängter Masse erzeugt werden. Es wird vorausgesetzt, dass die Schwingungsamplituden sehr klein sein sollen. In diesem Fall gilt für den Auslenkwinkel j jeweils: tan j = sin j = j.
Abb. 1
Für das einfache physikalische Pendel gilt die Differentialgleichung
(1) Jo(j,€€) = - Dj (D = Direktionsmoment des Pendels)
Die Lösungen dieser Differentialgleichung lassen sich wie folgt
darstellen:
(2) j = j(t) = c1 cos wt + c2 sin wt
Für die Winkelsgeschwindigkeit w und die Schwingungsdauer T erhält
man
(3a) w = r(f(D,J)) (3b) T = 2¼ r(f(J,D))
Werden zwei solcher Pendel gekoppelt, so kommt jeweils noch ein Drehmoment,
das von der Koppelung ausgeht, dazu. Es hängt von der Differenz der
Auslenkwinkel j1 und j2 ab.
(4a) M1 = C(j2 - j1) (4b) M2 = C(j1 - j2) (C = Direktionsmoment der Koppelung)
Für das System von zwei gleichen gekoppelten Pendel erhält man
dann das folgende System von Differentialgleichungen:
(5) Jo(j,€€)1 = - Dj1 + C(j2 - j1)
Jo(j,€€)2 = - Dj2 + C(j1 - j2)
Mit folgender Substitution kann dieses Differentialgleichungssystem entkoppelt
werden:
(6) u = j1 + j2
(7) v = j1 j2
Durch Addition der Gleichungen (5) folgt mit (6)
(8) Jo(u,€€) + Du = 0
Ebenso kann man die beiden Gleichungen aus (5) subtrahieren und die Substitution
(7) verwenden:
(9) Jo(v,€€) + (D + 2C)v = 0
Damit erhält man aber ein System von unabhängigen Differentialgleichungen
(8) und (9). Die Lösungen kann man wie in (2) darstellen:
(10) u = u(t) = a1 cos w1t + b1 sin w1t
(11a) w1 = r(f(D,J)) (11b) T1 = 2¼ r(f(J,D))
(12) v = v(t) = a2 cos w2t + b2 sin w2t
(13a) w2 = r(f(D + 2C,J)) (13b) T1 = 2¼ r(f(J,D + 2C))
Aus (6) und (7) lassen sich j1 und j2 ermitteln. Es gilt j1 = f(1,2) (u
+ v) und j2 = f(1,2) (u - v), und somit:
(14) j1 = j1(t) = f(1,2) (a1 cos w1t + b1 sin w1t + a2 cos w2t + b2 sin
w2t)
(15) j2 = j2(t) = f(1,2) (a1 cos w1t + b1 sin w1t a2 cos w2t
b2 sin w2t)
Die Pendelbewegungen, welche mit den Gleichungen für j1 und j2 beschrieben
werden, sind im allgemeinen kompliziert. Für besondere Fälle
erhält man allerdings einfache Lösungen.
Kopplungsgrad k
Als Kopplungsgrad k sei folgender Quotient definiert:
(16) k = f(C,C + D) (D = Direktionsmoment des Pendels, C = Direktionsmoment
der Kopplung)
Mit den Gleichungen (11a) und (13a) erhält man:
(17) k = f(w22 w12,w22 + w12) = f(T12 T22,T12 + T22)
Kleiner Kopplungsgrad bedeutet, dass das Direktionsmoment der Kopplung
gegenüber dem Direktionsmoment der Pendel klein ist, dass also auch
die Schwingungsdauer der gleichsinnigen Schwingung gegenüber der gegensinnigen
Schwingung nur wenig grösser ist.
1. Gleichsinnige Schwingung
In diesem Fall ist die Kopplungseinrichtung überflüssig, die
Pendel schwingen so, als wären sie nicht gekoppelt. Die Anfangsbedingungen
für diesen Fall kann man so formulieren:
j1(0) = j2(0) = j0
o(j,€)1(0) = o(j,€)2(0) = 0
Durch Einsetzen in (14) und (15) und in die 1. Ableitungen erhält
man für die Koeffizienten:
a1 = 2j0, a2 = b1 = b2 = 0
Damit wird aber j1 = j2 = j0 cos w1t, was einer gleichphasigen Schwingung
der beiden Pendel entspricht.
2. Gegensinnige Schwingung
Die Anfangsbedingungen lauten:
j1(0) = j2(0) = j0
o(j,€)1(0) = o(j,€)2(0) = 0
Die Koeffizienten werden zu:
a2 = 2j0, a1 = b1 = b2 = 0
Die Schwingungsgleichung heisst dann j1 = j2 = j0 cos w2t. Die beiden
Pendel schwingen gegenphasig, also mit einer Phasenverschiebung von ¼.
3. Schwebungsschwingung
Anfangsbedingungen:
j1(0) = 0
j2(0) = j0
o(j,€)1(0) = o(j,€)2(0) = 0
Die Koeffizienten werden zu:
a1 = -a2 = j0, b1 = b2 = 0
Die Schwingungsgleichungen lauten:
(18) j1 = f(1,2) j0 (cos w1t cos w2t) = j0 sin f(w2 w1,2)
t € sin f(w2 + w1,2) t
(19) j2 = f(1,2) j0 (cos w1t + cos w2t) = j0 cos f(w2 w1,2) t €
cos f(w2 + w1,2) t
Wird der Kopplungsgrad klein gewählt, so ist der Unterschied der Schwingungsdauern
der gleichsinnigen und der gegensinnigen Schwingung gering. Es kommt unter
den oben angegebenen Anfangsbedingungen zu sogenannten Schwebungsschwingungen,
d.h. es wird die Amplitude des einen Pendels grösser, während
die Amplitude des anderen Pendels kleiner wird und umgekehrt. Die Energie
wird von einem Pendel zum anderen über die Kopplungseinrichtung übertragen.
Die Gleichungen (18) und (19) können so interpretiert werden: Beide
Pendel führen Schwingungen mit der Kreisfrequenz
(20) w = f(1,2) (w2 + w1)
bzw. mit der Schwingungsdauer T gemäss
(21) f(1,T) = f(1,2) b(f(1,T2) + f(1,T1))
aus. Die Amplituden j0 sin f(w2 w1,2) t bzw. j0 cos f(w2
w1,2) t ändern sich mit kleiner Kreisfrequenz periodisch mit der Zeit.
Die Kreisfrequenz der Schwebung ist abweichend zur Erwartung als
(22) wS = w2 w1
definiert. Für die Schwebungsdauer TS gilt dann:
(23) f(1,TS) = f(1,T2) f(1,T1)
Die Schwebungsdauer ist also als die Zeit zwischen zwei aufeinanderfolgenden
Stillständen des Pendels definiert.
Messmethoden und Messgeräte:
Schwingungsdauer
Die Zeit wird mit einer Handstopuhr gemessen. Es ist empfehlenswert, für
die Schwingungsdauer den Mittelwert über mehrere Perioden hinweg zu
bestimmen.
Durchführung des Experiments:
Zwei Pendelstangen von ca. 85 cm Länge sind mit je einem verschiebbaren
Haken sowie je einer Öse zum Aufhängen versehen. Ihre Masse beträgt
je ca. 325 g. Mit einem Faden, an dem ein Metallstück hängt,
werden die beiden Pendel miteinander gekoppelt. Die beiden Pendel werden
mit kurzen Schlaufen aus der Angelschnur an einer horizontal montierten
Stativstange in etwa 30 cm Abstand voneinander aufgehängt.
Zunächst werden die Schwingungdauern der beiden Pendel ohne Kopplung
gemessen (alle Schwingungen sollen bei kleiner Amplitude erfolgen). Eventuell
sind die Pendelmassen zu verschieben, damit die Schwingungsdauern beider
Pendel gleich werden.
Jetzt werden die Pendel gekoppelt. Dabei sollen die Haken zum Einhängen
der Kopplungsschnur auf beiden Pendel in gleicher Höhe liegen. Es
sind nun die Schwingungsdauern bei gleichphasiger (T1) und bei gegenphasiger
(T2) Schwingung zu ermitteln. Daraus kann der Kopplungsgrad k berechnet
werden. Anschliessend soll die Schwingungsdauer der Schwebungsschwingung
T und die Schwebungsdauer TS gemessen werden. Die Messungen
sollen bei einer zweiten Einstellung der Positionen für die Kopplungshaken
wiederholt werden.
Abb.2
Was geschieht mit der Energie der Pendel?
H. Knoll, 12.12.1996